In der letzten Postwurfsendung wurde das Thema „gute Vorsätze“ gestreift und dass diese sich im Falle der Kaps zumeist von einem Jahr ins nächste retten. Allerdings stimmt das natürlich auch nicht immer und so musste sie einen besonders lieb gewonnenen Vorsatz (an den sich die Ältesten unter Ihnen sicherlich erinnern) im letzten Jahr zurücklassen: Sie hat tatsächlich den Roman veröffentlicht, von dem sie seit 20 Jahren redet.
Weshalb es nun wohl an der Zeit ist, den Vorhang des Kabinetts der Wunder ein wenig zu lüpfen und einen Blick hinter die Kulissen zu tun.
Und die Kaps aus dem Nähkästchen plaudern zu lassen.
Natürlich habe ich nicht 20 Jahre an der haarigen Angelegenheit geschrieben. Zumindest nicht toujours. Denn erstens habe ich die Aufmerksamkeitsspanne eines Eichhörnchens und darum auch das entsprechend mangelhafte Sitzfleisch am Schreibtisch. Zweitens habe ich in den 20 Jahren parallel dazu auch andere Dinge geschrieben. Dinge für die Rundablage, Dinge für die Schublade und Dinge zum Vergessen.
Und abgesehen davon wäre es wohl obendrein ein bisschen meschugge gewesen.
Aber es stimmt, dass die Idee der Geschichte von Rosi und Fabian etwa zur selben Zeit (oder kurz danach) geboren wurde, als ich anfing von dem Roman zu reden, den ich einmal schreiben würde. Meistens war ich in jenen denkwürdigen Momenten betrunken oder anderweitig mit der Gesamtsituation unzufrieden. Wie gesagt, die Älteren unter Ihnen erinnern sich vermutlich.
Zurück zu Rosi und Fabian. Die beiden waren zunächst Nebenfiguren einer anderen Geschichte, von der ich sage und schreibe vier (zwischenzeitlich verschollene) Kapitel fabriziert hatte. Diese handelte von einem Insolvenzverwalter, der sich in die querschnittsgelähmte Besitzerin einer bankrotten Schuhfabrik verliebt. Ja, Sie haben richtig gelesen – der Film, nach dessen Premiere Fabian im Kabinett der Wunder landet und für den er später den Pegasus erhält. Ein Insider für mich selbst sozusagen. Und nun auch für Sie, die Leser dieser Postwurfsendung. Was in dieser Geschichte passieren sollte, kann ich Ihnen gar nicht mehr genau sagen – an einer Stelle jedoch tauchten ein koksender Filmstar und ein Callgirl auf, die sich auf der Flucht vor einem Zuhälter befanden. Nicht nur das, die beiden purzelten auch dermaßen resolut auf die Bühne, dass sämtliche Dramen um eine Schuhfabrik aus meinen Gedanken rasch verdrängt waren.
Insgesamt gab es drei Versionen der haarigen Angelegenheit. Die erste war Anfang der Jahrtausendwende entstanden und sollte sowohl in elektronischer als auch ausgedruckter Form vernichtet sein. Ähnlich wie die vier Kapitel über den Insolvenzverwalter war sie nicht wirklich für die Nachwelt erhaltenswert.
Die zweite Version wiederum mit insgesamt fünf Überarbeitungen, die möglicherweise noch auf der Festplatte eines stillgelegten Rechners schlummern, habe ich etwas später zusammengedrechselt, als ich mir eigentlich weitere wissenschaftliche Meriten hätte verdienen sollen. Irgendwo zwischen der zweiten und dritten Überarbeitung begann dann auch Rosis Pelz zu wuchern. Wobei am Ende nicht nur die Haarpracht unserer Heldin erstaunliche Ausmaße angenommen hatte, sondern auch das Werk – es war auf stolze 630 Normseiten angewachsen.
Die dritte Version schließlich – also die, die Sie in Händen halten können – entspringt justament diesem Wust. Oder Ziegel, wie das Konvolut liebevoll von der Lektorin getauft worden war. Allerdings wurde nicht nur gestutzt und getrimmt. Nein, die Geschichte wurde noch einmal komplett vom ersten bis zum letzten Wort neu in die Tastatur geklopft. (Meschugge. Irgendwo hatte ich das schon erwähnt.) Dabei änderte sich die Erzählperspektive (statt zweier Ich-Erzähler ein auktorialer Erzähler), gänzlich Neues und Altes (aus den spinnwebverhangenen Winkeln meines Hirns, die sich noch vage an einzelne Szenen aus dem Insolvenzverwalter zu erinnern vermochten) wurde hinzugedichtet und die haarige Angelegenheit wurde schließlich zu dem Buch, das ich hatte schreiben wollen.
Und damit entlasse ich Sie mit einer Weisheit aus der Wundertüte der Weltliteratur:
Düster ist die Liebe der Katzen.
(Arto Paasilinna, Für eine schlechte Überraschung gut)
Postskriptum
Vielleicht haben Sie nun nach diesem kurzen Blick hinter die Kulissen Fragen. Diese können Sie stellen, indem Sie in Ihrem elektronischen Postfach direkt auf diese Postwurfsendung antworten. Oder unten in die Kommentare schreiben. Sollten Fragen bei der Kaps eintrudeln (trauen Sie sich!), so beantwortet sie diese in der nächsten oder einer der folgenden Postwurfsendungen.
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